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Berlin, 6. Juni 2025 – Ein Paukenschlag aus dem Kanzleramt: Die Bundesregierung unter Friedrich Merz plant eine neue Digitalsteuer, die vor allem Tech-Giganten wie Google, Meta und Amazon ins Visier nimmt. Doch was auf den ersten Blick nach Steuergerechtigkeit klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein riskanter Alleingang, der Deutschland in einen transatlantischen Handelskonflikt stürzen und die heimische Digitalwirtschaft lahmlegen könnte. Ist das der Preis für ein paar Millionen Euro Mehreinnahmen?
Der Vorschlag, angeführt von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, sieht eine „Plattform-Soli“-Abgabe von zehn Prozent auf bestimmte Online-Umsätze vor. Ziel: Die großen US-Tech-Konzerne sollen endlich ihren „fairen Anteil“ zahlen, da sie in Deutschland Milliarden verdienen, aber durch Steuerschlupflöcher oft nur Peanuts an den Fiskus abführen. Weimer spricht von einem „moderaten und legitimen“ Ansatz und verweist auf Österreich, wo eine ähnliche Steuer seit 2020 existiert. Doch was in Wien funktioniert, muss nicht automatisch in Berlin zum Erfolg führen – und die Risiken sind gewaltig.
Ein Alleingang mit Sprengkraft
Die Initiative kommt zur Unzeit. Die EU verhandelt derzeit mit der US-Regierung unter Donald Trump, der mit Strafzöllen droht, sollte Europa die Tech-Konzerne weiter „diskriminieren“. Weimers Vorstoß, der laut Regierungskreisen nicht mit Kanzler Merz abgestimmt war, gießt Öl ins Feuer. Trump hat bereits klargestellt: Eine Digitalsteuer könnte mit harten Gegenmaßnahmen beantwortet werden. Österreichs fünfprozentige Digitalsteuer brachte 20 Millionen Euro jährlich ein – peanuts im Vergleich zu den potenziellen Verlusten, wenn die USA mit Zöllen auf deutsche Exporte wie Autos reagieren. Deutschland, das Exportland schlechthin, spielt hier mit dem Feuer.
Der Verband der Internetwirtschaft (eco) schlägt Alarm: „Eine solche Steuer ist ein schwerer Schlag für die Digitalisierung in Deutschland“, warnt Vorsitzender Oliver Süme. Er befürchtet, dass nicht nur US-Konzerne, sondern auch deutsche Unternehmen von der neuen Abgabe betroffen sein könnten. Die Dokumentation und Nutzerverfolgung, die für die Erfassung der Werbeerlöse nötig ist, würde immense Kosten verursachen. Am Ende, so Süme, zahlen die Verbraucher die Rechnung durch höhere Preise. Der Digitalverband Bitkom geht noch weiter: „Es gibt keine echten Alternativen zu US-Plattformen. Eine Digitalsteuer bremst Innovationen und macht Deutschland als Wirtschaftsstandort unattraktiv.“
Steuergerechtigkeit oder politischer Populismus?
Die Befürworter der Steuer, darunter SPD und Teile der CDU, sehen in der Digitalsteuer einen Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit. „Die großen Internetkonzerne verdienen Milliarden mit ihrer Marktmacht und schränken die Medienvielfalt ein“, sagt Anja Weisgerber von der CDU/CSU-Fraktion. Sie unterstützt den Vorschlag als „nationalen Zwischenschritt“, bis eine EU-weite Lösung gefunden wird. Auch das Bündnis Zukunft Presse begrüßt die Pläne, fordert aber, die Einnahmen gezielt für die Unterstützung heimischer Medien einzusetzen, deren Geschäftsmodell durch die Tech-Giganten bedroht ist.
Doch die Argumentation hat Schwächen. Erstens: Die geschätzten Einnahmen aus einer Digitalsteuer sind überschaubar. Laut Studien könnte eine dreiprozentige Steuer in Deutschland etwa 195 Millionen Euro jährlich bringen – ein Tropfen auf dem heißen Stein im Vergleich zu den Verwaltungskosten und den potenziellen wirtschaftlichen Schäden. Zweitens: Der hybride Charakter der Steuer, die teils wie eine Umsatz-, teils wie eine Ertragssteuer wirkt, könnte verfassungsrechtlich problematisch sein. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium warnte bereits 2019 vor einem solchen Ansatz, da er bestehende Prinzipien der internationalen Steuerrechtsordnung bricht.
Ein Paradigmenwechsel mit Risiken
Die Digitalsteuer zielt darauf ab, Gewinne dort zu besteuern, wo sie konsumiert werden, nicht wo sie geschaffen werden. Für ein Exportland wie Deutschland ist das ein gefährlicher Präzedenzfall. Wenn China oder die USA plötzlich die Gewinne deutscher Autokonzerne in ihren Märkten besteuern, könnte das die deutsche Wirtschaft hart treffen. Die EU-Kommission selbst schätzt, dass eine fünfprozentige Digitalsteuer europaweit 37,5 Milliarden Euro einbringen könnte. Doch zu welchem Preis? Ein Handelskrieg mit den USA wäre verheerend, und die ohnehin stockenden Verhandlungen im Rahmen der OECD für eine globale Lösung werden durch nationale Alleingänge wie diesen weiter geschwächt.
Meine Meinung: Die Kleinen zahlen die Zeche
Wenn wir eines von unserer Regierung wissen, dann, dass es niemals um die Großen geht, die bezahlen werden, sondern um die Kleinen. So wird es eindeutig gerade die deutschen Seitenbetreiber auf ein Neues treffen. Während die Tech-Giganten ihre Anwälte und Steuerberater mobilisieren, um die Abgabe zu umgehen, werden kleine und mittelständische deutsche Unternehmen, die auf digitale Werbung angewiesen sind, die volle Wucht der Bürokratie und Kosten spüren. Die Regierung mag große Worte über Gerechtigkeit schwingen, doch am Ende bleibt der Mittelstand – wie so oft – auf der Strecke.
Digitalpolitik ohne Plan?
Besonders pikant: Weimers Initiative scheint an dem neu geschaffenen Digitalministerium vorbeizugehen. „Digitalpolitik aus einem Guss sieht anders aus“, kritisiert Süme. Die Regierung wirkt zerstritten, und die fehlende Abstimmung mit Merz unterstreicht die Konfusion. Während die Koalition mit Steuersenkungen und Investitionsanreizen die Wirtschaft ankurbeln will, droht die Digitalsteuer genau das Gegenteil zu bewirken: Unsicherheit, Bürokratie und ein Imageverlust für Deutschland als Innovationsstandort.
Fazit: Mutig oder leichtsinnig?
Die Idee einer Digitalsteuer klingt verlockend: Tech-Giganten zur Kasse bitten, Steuergerechtigkeit schaffen, Medienvielfalt fördern. Doch die Realität ist komplizierter. Ohne internationale Abstimmung riskiert Deutschland einen Handelskonflikt, der die Wirtschaft schwer schädigen könnte. Die Kosten der Steuer werden am Ende vermutlich an Verbraucher weitergegeben, und die Digitalisierung, die gerade in Deutschland ohnehin hinterherhinkt, wird weiter gebremst. Weimers Vorstoß mag populistisch gut ankommen, doch er ist ein riskantes Spiel mit ungewissem Ausgang. Vielleicht sollte die Regierung erst einmal ihre Hausaufgaben machen und eine kohärente Digitalstrategie entwickeln, bevor sie mit neuen Steuern für Schlagzeilen sorgt.
Quellen: