Zum Youtube Video
Netzneutralität auf dem Prüfstand: Wie die Telekom mit EU-Verordnungen spielt
Bonn, April 2025 – Wer in den letzten Wochen beim Surfen oder Telefonieren mit seinem Telekom-Anschluss über unerklärliche Verzögerungen gestolpert ist, könnte Opfer einer fragwürdigen Praxis des Mobilfunkgiganten geworden sein. Die Deutsche Telekom, unangefochtener Marktführer im deutschen Mobilfunkmarkt, steht erneut in der Kritik: Kunden mit sogenannten „Unlimited“-Tarifen, die unbegrenztes Datenvolumen versprechen, berichten von plötzlichen Drosselungen ihrer Internetgeschwindigkeit. Verbraucherschützer schlagen Alarm, und die Frage nach der Netzneutralität wird lauter denn je. Ist das der Beginn eines neuen Kapitels in der Ausbeutung von Kunden unter dem Deckmantel europäischer Verordnungen?
Der Mobilfunkmarkt: Ein Paradies mit Fußangeln
Der deutsche Mobilfunkmarkt hat in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen. Von den ersten klobigen D-Netz-Telefonen der 1990er Jahre bis hin zu flächendeckendem 5G und bald sogar Mobilfunk-Drohnen – die Möglichkeiten scheinen grenzenlos. Anbieter wie Vodafone, O2 oder die Telekom-Tochter Congstar haben mit immer günstigeren Tarifen und Daten-Flatrates um Kunden geworben. Doch hinter den glänzenden Werbeversprechen lauern Tücken. Die EU-Verordnung 2015/2120 sollte eigentlich für einen offenen und fairen Zugang zum Internet sorgen. Sie erlaubt Anbietern zwar, bei Netzüberlastungen Verkehrsmanagementmaßnahmen wie Drosselungen durchzuführen, doch die Telekom scheint diese Regelung nun auf eine Weise auszulegen, die Kunden und Verbraucherschützer gleichermaßen auf die Barrikaden treibt.
Unlimited? Nicht ganz!
Besonders perfide: Die Drosselung trifft vor allem Kunden mit „MagentaMobil“- oder „MagentaMobil Flex“-Tarifen, die eigentlich unbegrenztes Datenvolumen beinhalten. Laut Berichten des Portals Teltarif.de zielt die Telekom gezielt auf Nutzer ab, die ihre SIM-Karte in Routern verwenden oder mobile WLAN-Hotspots betreiben. Seit dem 1. April 2025 greift ein neues System, das Geräte anhand ihrer Seriennummer identifiziert und deren Verbindung drosselt – ohne Vorwarnung oder transparente Kommunikation. Das Argument der Telekom: Solche Nutzungen könnten Netzüberlastungen verursachen. Doch was heißt das konkret? Wenn in einer Funkzelle zu viele Nutzer gleichzeitig Videos streamen oder große Datenmengen herunterladen, droht die Übertragungskapazität an ihre Grenzen zu stoßen. TikTok allein verschlingt pro Stunde rund 840 Megabyte – ein Viertel des monatlichen Kontingents mancher Prepaid-Tarife.
Verbraucherschützer schäumen: Künstliche Knappheit durch Peering?
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) wirft der Telekom vor, mit ihrer Praxis die Netzneutralität zu untergraben. Schon Anfang 2025 hatte die VZBV das Unternehmen wegen sogenanntem Peering abgemahnt. Dabei handelt es sich um Kooperationen zwischen Anbietern, die den Datenaustausch effizienter und günstiger machen sollen. Klingt harmlos, doch die VZBV sieht darin eine gefährliche Entwicklung: Die Telekom schaffe künstliche Knappheit, um finanzstarke Dienstleister zu bevorzugen. Wer mehr zahlt, bekommt ein schnelleres Netz – und Privatkunden bleiben auf der Strecke. „Das ist ein klarer Verstoß gegen den Geist der Netzneutralität“, kritisiert die Verbraucherzentrale. „Die Telekom nutzt ihre Marktmacht, um den Wettbewerb zu verzerren und Kunden zu benachteiligen.“
Was können Kunden tun?
Die gute Nachricht: Betroffene müssen sich nicht hilflos fühlen. Rechtsanwalt Thomas Hollweck rät, der Telekom eine Frist zur Behebung der Störung zu setzen. Sollte das Problem bestehen bleiben, greift das Sonderkündigungsrecht – ein Ausweg aus Verträgen, die plötzlich nicht mehr die versprochene Leistung bieten. Doch viele Kunden fragen sich: Warum muss es überhaupt so weit kommen? Die Telekom wirbt mit Highspeed und Zuverlässigkeit, liefert aber in der Realität oft nur Frust.
Auch das EU-Roaming birgt Tücken. Zwar können Kunden ihre Daten im EU-Ausland nutzen, doch nach vier Monaten greifen oft versteckte Einschränkungen. Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie zwei Deutsche am Bodensee durch Roaming-Gebühren in die Kostenfalle gerieten. Solche Vorfälle nähren den Eindruck, dass Mobilfunkanbieter wie die Telekom jedes Schlupfloch nutzen, um ihre Gewinne zu maximieren.
Ein Weckruf für die Branche
Die aktuelle Praxis der Telekom wirft ein grelles Licht auf die Schattenseiten des Mobilfunkmarkts. Während Anbieter mit Innovationen wie 5G oder Mobilfunk-Drohnen glänzen, bleibt die Kundenfreundlichkeit oft auf der Strecke. Die Drosselung von Unlimited-Tarifen ist nicht nur ein Ärgernis, sondern ein Angriff auf das Vertrauen der Verbraucher. Die EU-Verordnung, die eigentlich den offenen Internetzugang schützen sollte, wird von der Telekom als Freifahrtschein für fragwürdige Praktiken missbraucht. Es ist höchste Zeit, dass Verbraucherschützer und Regulierungsbehörden die Zügel anziehen. Denn eines ist klar: Ein Markt, der auf Kosten seiner Kunden floriert, hat keine Zukunft.
Quelle:
HNA