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Ein beispielloses Sanktionspaket
Am 20. Mai 2025 hat die Europäische Union ihr 17. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet – und erstmals deutsche Staatsbürger ins Visier genommen. Alina Lipp und Thomas Röper, zwei in Russland lebende Blogger, wurden auf die schwarze Liste gesetzt. Ihnen wird vorgeworfen, durch „destabilisierende Aktivitäten“ und die Verbreitung prorussischer Propaganda die Sicherheit der EU zu untergraben. Doch was steckt hinter diesen Maßnahmen? Ist dies ein legitimer Schritt im Kampf gegen Desinformation, oder handelt es sich um einen beispiellosen Angriff auf die Meinungsfreiheit? Die Antwort ist alles andere als eindeutig, und die Entscheidung der EU wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet.
Wer sind Alina Lipp und Thomas Röper?
Alina Lipp, 31, betreibt den Telegram-Kanal „Neues aus Russland“ mit über 180.000 Abonnenten und war zuvor auf YouTube mit „Glücklich auf der Krim“ aktiv. Thomas Röper, 53, ist Herausgeber des Blogs „Anti-Spiegel“, der sich als Gegenpol zu westlichen Mainstream-Medien positioniert. Beide leben seit Jahren in Russland und haben sich durch ihre prorussischen Narrative einen Namen gemacht. Die EU wirft ihnen vor, systematisch Falschinformationen über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verbreiten und damit die öffentliche Meinung in Deutschland zu manipulieren. Konkret sollen sie die Unterstützung für die Ukraine schwächen und Russlands illegale Annexion ukrainischer Gebiete legitimieren. Als Reaktion hat die EU Reisebeschränkungen, das Einfrieren von Vermögenswerten und ein Verbot der Finanzierung verhängt. Doch die beiden zeigen sich unbeeindruckt: „Gut, dass wir schon lange keine Besitztümer mehr in Deutschland haben“, kommentierte Lipp spöttisch auf X und fügte hinzu, nach Deutschland wolle sie nur „auf einem Panzer“ zurückkehren.
Ein Novum in der EU-Geschichte
Die Sanktionen sind ein Novum: Nie zuvor hat die EU eigene Bürger auf diese Weise sanktioniert. Während Politiker, Oligarchen und russische Staatsmedien wie RT längst Ziel solcher Maßnahmen waren, betreten die Sanktionen gegen Lipp und Röper juristisches Neuland. Ohne Gerichtsverfahren wurden ihre Vermögenswerte eingefroren, und Spenden an sie könnten künftig strafbar sein. Dies wirft die Frage auf: Wo verläuft die Grenze zwischen Desinformation und abweichender Meinung? Die EU beruft sich auf vage Formulierungen wie „destabilisierende Aktivitäten“, ohne konkrete Beweise für strafbare Handlungen offenzulegen. Ist es ausreichend, prorussische Narrative zu verbreiten, um Bürgerrechte wie Eigentum und Bewegungsfreiheit zu entziehen? Die Antwort der EU scheint ein klares Ja zu sein – ein gefährlicher Präzedenzfall, der die Meinungsfreiheit in Europa bedroht.
Zensur oder legitimer Schutz?
Kritiker sehen in den Sanktionen einen Versuch, abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen. Lipp und Röper, so umstritten ihre Inhalte auch sein mögen, agieren als unabhängige Akteure, die sich bewusst gegen die westliche Berichterstattung positionieren. Röper, der fließend Russisch spricht und seit über 15 Jahren in Sankt Petersburg lebt, hat mit „Anti-Spiegel“ eine Plattform geschaffen, die westliche Medien wie den „Spiegel“ scharf kritisiert. Lipp wiederum berichtet aus den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine und pflegt Kontakte zu russischen Akteuren, was ihr den Vorwurf einbringt, als Kriegskorrespondentin Propaganda zu verbreiten. Doch selbst wenn ihre Berichte einseitig sind – rechtfertigt dies die Kriminalisierung ohne Gerichtsverfahren? Die Sanktionen wirken wie ein politisch motivierter Schachzug, um Kritiker einzuschüchtern, anstatt sich ihnen im offenen Diskurs zu stellen.
Geteilte Reaktionen in der Öffentlichkeit
Die Reaktionen in den sozialen Medien sind gespalten. Während einige die Maßnahmen als notwendigen Schlag gegen russische Propaganda feiern, sehen andere darin einen Angriff auf die Pressefreiheit. „Die EU führt Krieg gegen die eigene Bevölkerung“, kommentierte ein Nutzer auf X. „Kritische Publizisten auf Sanktionslisten – mit EU-Grundrechten unvereinbar“, schrieb ein anderer. Tatsächlich könnte die Entscheidung einen Bumerang-Effekt haben: Indem die EU Lipp und Röper sanktioniert, gibt sie ihnen eine Bühne und verstärkt ihre Reichweite. Der sogenannte Streisand-Effekt – die unbeabsichtigte Popularisierung durch Zensurversuche – droht, ihre Anhängerschaft weiter zu mobilisieren.
Fragile rechtliche Grundlage
Die rechtliche Grundlage der Sanktionen ist fragil. Ohne Gerichtsverfahren Bürgerrechte einzuschränken, widerspricht den Prinzipien des Rechtsstaats. Zudem erschwert das Verbot, Gelder oder Dienstleistungen bereitzustellen, den Betroffenen den Zugang zu Anwälten, um sich juristisch zu wehren. „Das ist kein Rechtsstaat, das ist Willkür“, kommentierte ein Nutzer auf X. Die EU riskiert, ihre Glaubwürdigkeit als Hüterin demokratischer Werte zu verspielen. Wenn die Verbreitung kontroverser Ansichten ausreicht, um sanktioniert zu werden, könnten bald auch andere kritische Stimmen ins Visier geraten – ein Albtraum für jeden, der an freie Meinungsäußerung glaubt.
Ein Wendepunkt für die Meinungsfreiheit
Die Sanktionen gegen Alina Lipp und Thomas Röper sind ein Wendepunkt. Sie zeigen, wie weit die EU bereit ist zu gehen, um abweichende Narrative zu unterdrücken. Doch anstatt Desinformation zu bekämpfen, könnten sie das Gegenteil bewirken: Sie machen Märtyrer aus zwei umstrittenen Bloggern und befeuern die Erzählung von Zensur im Westen. Vielleicht wäre ein offener Diskurs – mit all seinen Unannehmlichkeiten – der bessere Weg gewesen, als der Ruf nach Meinungsfreiheit in Europa lauter wird.
Quelle:
RND