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Das Erzbistum Köln steht erneut im Zentrum eines immer tiefer werdenden Abgrunds kirchlicher Skandale. Während Betroffene um Gerechtigkeit ringen, glänzen die Kirchenverantwortlichen mit rechtlicher Finesse, Schweigen und Abwiegeln – und die Zuversicht auf eine echte Aufarbeitung schwindet mit jedem weiteren Bericht. Was sich hier abspielt, ist ein Paradebeispiel für den fortgesetzten Machtmissbrauch einer Institution, die jahrzehntelang systematisch Täter schützte und sich bis heute gegen jede echte Übernahme von Verantwortung sträubt.

Vertuschen, abwiegeln, weitermachen

Das jüngste Kapitel: Eine Frau, in ihrer Kindheit von einem katholischen Priester – ihrem Pflegevater – schwer sexuell missbraucht, fordert vom Erzbistum Köln mehr als 800.000€ Schmerzensgeld. Der Priester, längst zu zwölf Jahren Haft verurteilt, ist strafrechtlich nicht mehr greifbar, die Verbrechen sind verjährt. Also bleibt nur der Gang gegen die Kirche, die ihn gedeckt, befördert und weggeschaut hat.

Doch das Landgericht Köln wies die Klage ab: Keine Haftung, der Priester habe „im Grunde als Privatperson“ gehandelt, nicht als Amtsträger. Die Kirche: rechtlich fein raus. Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ nennt es einen „Schlag ins Gesicht aller Betroffener“, Offenbarung eines Rechtsstaates, der religiösen Institutionen mehr Spielraum und Schutz gewährt als den Opfern.

Prozessbetrug und verschwiegene Akten?

Weiterer Sprengstoff: Es steht der Vorwurf im Raum, das Erzbistum Köln – federführend unter Kardinal Rainer Maria Woelki – habe in einem Prozess entscheidende Dokumente zu den Missbrauchsvorwürfen zurückgehalten. Ein Betroffenen-Verband erstattete daher Strafanzeige wegen versuchten Prozessbetrugs. Der Vorwurf wiegt schwer: Die Kirche sitzt am längeren Hebel, entscheidet, welche Akten ans Licht kommen – Beweise, die über Schuld und Haftung entscheiden, bleiben in ihrem Besitz. Das Opfer bleibt in Beweisnot, die Institution sichert sich ab.

Das Erzbistum Köln weist alles zurück, behauptet, Woelki selbst habe mit der Auswahl der Dokumente nichts zu tun – ein durchschaubarer Versuch, die Verantwortung immer weiter nach unten wegzudelegieren.

Kirchengutachten als Freispruch für die Täter

Das Bild ergänzt sich: Früher bereits wurde ein zentrales Missbrauchsgutachten, das schwere Pflichtverletzungen hochrangiger Würdenträger belegt, von Woelki monatelang unter Verschluss gehalten, unter dem Vorwand „methodischer Mängel“. Stattdessen wurde ein neues, gefälligeres Gutachten bestellt. Die Kritiker sprachen damals zu Recht von einem „Vertuschungsversuch“ – und die Vertrauenskrise spitzte sich zu.

Was steckt hinter der Weigerung, alles offen auf den Tisch zu legen? Das System wohnt dem Katholizismus offenbar inne: stets Aufklärung nur so weit, wie sie nötig ist, um dem öffentlichen Druck nachzugeben – niemals aber ein echtes, von innen gewolltes Aufbrechen der Machtstrukturen.

Die Rolle von Kardinal Woelki

Besonders brisant: Gegen Kardinal Woelki wurde nun auch kirchenrechtlich Anzeige erstattet – von einem Betroffenenbeirat, der kein Vertrauen mehr in ihn habe und Papst Leo XIV. um schnelles Handeln bittet. Woelki, so die Vorwürfe, habe nachweislich gegen Amtspflichten verstoßen, bei Eid Unwahrheiten gesagt. Selbst die Staatsanwaltschaft bescheinigte ihm „Sorgfaltspflichtverletzung“. Dass er bis heute im Amt ist, sagt mehr über die katholische Personalpolitik als jeder Leitartikel. Wie viel kann eine Institution eigentlich noch aushalten, bevor sie vom eigenen Führungsversagen hinweggefegt wird?

Die Betroffenen bleiben zurück

Das Erzbistum Köln steht für mehr als ein „bedauerliches Einzelschicksal“. Es ist ein System, das Täter schützt und Opfer im Stich lässt, das mit juristischen Tricks Opfer und Öffentlichkeit zum Schweigen bringen will. Wo Aufklärung nur so weit geschieht, wie sie nicht weh tut. Der Missbrauchsskandal ist kein Betriebsunfall, sondern der Lackmustest: Wird die Kirche endlich bereit sein, die Konsequenzen zu tragen? Oder setzt sie weiterhin auf Verschleppung und Vertuschung?

Solange Urteile den Missbrauch einzelner Priester zur Privatsache erklären, solange Entscheider wie Woelki mit Konsequenzlosigkeit rechnen dürfen, gibt es keine Hoffnung auf einen echten Wandel.

Ein Weckruf

Der Skandal von Köln ist mehr als ein dunkles Kapitel: Er ist ein Aufruf an Politik, Justiz, Zivilgesellschaft – und an jeden einzelnen Gläubigen. Wer nach diesen Enthüllungen die Augen verschließt, macht sich mitschuldig am System. Ausreden gibt es jetzt keine mehr.

Quellen:
Tagesschau
LTO
Die Zeit

JTB

Von JTB

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