Der Konkurs-Hammer im Burgenland
Gols, Burgenland – In den sonnigen Weinbergen am Neusiedler See, wo der Duft von Hanfblüten einst als Symbol für eine gesunde, nachhaltige Zukunft galt, riecht es jetzt nach Pleite und geplatzten Träumen. Deep Nature Project GmbH, das Mutterunternehmen der bekannten Marke Medihemp, hat am 22. September 2025 vor dem Landesgericht Eisenstadt Insolvenz angemeldet. Mit Schulden in Höhe von 3,2 Millionen Euro und rund 70 Gläubigern ist das Unternehmen – einst Vorreiter im Bio-CBD-Markt – endgültig in den Abgrund gestürzt. Aber war das wirklich ein Schicksalsschlag der Branche? Oder das unvermeidliche Ende eines Hypes, der auf Sand gebaut war: überbewertete Startups, laxes Management und ein regulatorisches Minenfeld, das kleine Investoren und harte arbeitende Mitarbeiter in den Ruin treibt? Dieser Fall ist nicht nur eine Firmenpleite – er ist ein Warnschuss für die gesamte Wellness-Industrie, die auf dem grünen Goldrausch des Cannabinoids CBD aufgebaut hat.
Vom Bio-Pionier zum Millionen-Bestseller
Lassen Sie uns zurückspulen zu den glorreichen Tagen. Gegründet 2004 in Gols, einem malerischen Dorf im Burgenland, startete Deep Nature Project als Pionier im Anbau von Industriehanf. Mit EU-zertifizierten Sorten, die einen THC-Gehalt unter 0,2 Prozent halten – also nichts Psychoaktives, sondern reines Wohlbefinden in Flaschen – baute das Unternehmen ein Imperium auf. Unter der Marke Medihemp wurden Öle, Kapseln und Tropfen zu Bestsellern: Cannabinoid haltige Nahrungsergänzungsmittel, die versprachen, Stress zu bekämpfen, Schlaf zu fördern und das Immunsystem zu stärken. Ergänzt um Kosmetiklinien wie Sativa Beauty, Tierprodukte unter Vetrihemp und sogar Algen-Supplements als Algavital, erreichte der Vertrieb fast 30 Märkte weltweit. Es war die Quintessenz des Bio-Trends: naturbelassen, vegan, nachhaltig. Auf der Crowdinvesting-Plattform Conda pries das Unternehmen sich 2020 als „Vorreiter im BIO-Hanfanbau“, der „holistisches Wissen über die Ressourcen und das Potential der Pflanze“ nutzt, um „Menschen aktiv und gesund zu halten“. 278 Investoren legten stolze 433.500 Euro auf den Tisch – Kleingelder, die nun in der Insolvenzmasse versickern.
Die erste Pleite 2022: Nur ein Vorgeschmack
Doch hinter der idyllischen Fassade lauerten schon früh die Risse. Bereits 2022, mitten in der Post-Covid-Ära, knackte das System. Umsatzeinbrüche durch Lockdowns, Lieferkettenchaos und der Brexit – der britische Markt, ein Schlüssel für europäische Hanfexporte, brach ein wie ein Kartenhaus. Das Landesgericht Eisenstadt eröffnete ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung, und Deep Nature bot Gläubigern eine Quote von 20 Prozent an. Die Gläubiger nahmen an, das Unternehmen humpelte weiter. 40 Mitarbeiter – darunter 28 Angestellte und 12 Arbeiter – starrten in die Leere, 111 Gläubiger zählten ihre Verluste. Damals hieß es: „Wir verstehen uns als Vorreiter“ – ein Slogan, der heute wie Hohn klingt. Denn die Sanierung war nichts als ein Pflaster auf einer offenen Wunde.
Der endgültige Absturz 2025
Verluste in den Jahren 2023 und 2024 fraßen die Reserven auf, verspätete Fördergelder der COFAG trudelten nicht ein, und als sie kamen, wurden sie von der Republik Österreich zurückgefordert. Kostenoptimierungen? Fehlanzeige. Stattdessen fehlten Mittel für Vertrieb und Marketing – genau die Treiber, die den CBD-Boom angeheizt hatten. Heute, im Herbst 2025, ist der Hammer gefallen: Konkursverfahren eröffnet, Anmeldefrist für Gläubiger bis 3. November, Prüfungstag am 17. November. Die Bilanz? Aktiva in Form von Betriebsliegenschaften, Maschinen und Lagerbeständen – genug, um hoffentlich etwas herauszuschlagen. Aber die 3,2 Millionen Euro Schulden sind ein Mahnmal für systemische Versäumnisse.
Wer trägt eigentlich die Schuld?
Provokant gefragt: Wer trägt die Schuld? Das Management von Deep Nature, das trotz Warnsignalen 2022 auf Expansion setzte? Die 2020 erweiterte Kosmetiklinie Sativa Beauty, die teure Zertifizierungen fraß, ohne den Umsatz zu boosten? Oder die Regulierer in Wien und Brüssel, die mit THC-Grenzen und EU-Vorschriften den Markt künstlich verengen? Die CBD-Branche boomt weltweit – Schätzungen gehen von einem Marktwert von 20 Milliarden Euro bis 2030 aus –, doch in Österreich wirkt es, als ob Bürokratie und Skepsis den Pionieren den Garaus machen.
Die wahren Opfer: Mitarbeiter und Kleinanleger
Peter Stromberger vom KSV1870 mahnt zur Vorsicht: „Im Rahmen des Verfahrens wird nun zu überprüfen sein, ob eine weitere Fortführung des Unternehmens möglich ist.“ Klingt optimistisch? Für die 16 verbliebenen Mitarbeiter in Gols, die nun um ihren Job bangen, ist es ein Schlag ins Gesicht. Diese Menschen – oft Familienväter und -mütter aus der Region – haben jahrelang in Schichten gearbeitet, während das Management in Wien und Brüssel um Fördermittel buhlte. Und die Investoren? Diese 278 Konditionierten, die auf Rendite spekulierten, sehen ihr Geld in der Insolvenzmasse verschwinden.
Eine Branche in der Blase
Experten aus der Branche flüstern: Der CBD-Markt ist eine Blase. Was als Wundermittel vermarktet wurde – gegen alles von Angststörungen bis chronischen Schmerzen –, stößt an Grenzen. Studien zeigen gemischte Ergebnisse; die EU warnt vor Überdosierungen und Verunreinigungen. In Österreich, wo Hanf kulturell belastet ist, fehlt es an klaren Richtlinien. Deep Nature zahlte den Preis: Förderungen, die verspätet kamen und dann zurückgeholt wurden, ein Sanierungsplan, der wie ein Kredit ohne Tilgungsplan wirkte.
Zeit für eine Abrechnung
Der Fall Medihemp ist ein Skandal, der über Gols hinausgeht. Er enthüllt die Schattenseiten des Startup-Hypes: Crowdfunding als Lottoschein, Bio-Labels als Verkaufstrick, und Investoren, die blind dem Grünen folgen. In einer Zeit, in der Klimawandel und Gesundheitstrends die Welt regieren, darf kein Unternehmen scheitern, weil es Fördergelder verpasst oder den Brexit unterschätzt. Es ist Zeit für eine Abrechnung. Die CBD-Branche muss reifen: Bessere Regulierungen, die Innovation fördern statt bremsen; Management, das Risiken kalkuliert; und Investoren, die nicht nur dem Hype nachlaufen. Sonst enden mehr Träume im Insolvenzregister. Deep Nature Project war ein Pionier – nun ist es Mahnung. Der grüne Rausch ist vorbei; die Rechnung kommt jetzt.
Medihemp wird nun nur noch Abverkauft und gehörte zu den Bekanntesten Marken in Deutschland.
Quellen:
Kurier AT
MeinBezirk AT
Heute AT
