Ein verheißungsvoller Anfang
Als die Europäische Union den Digital Services Act (DSA) präsentierte, war die Begeisterung groß. Politiker sprachen von einem „Meilenstein für die digitale Welt“. Endlich sollte das Internet sicherer werden, endlich sollten die großen Plattformen Verantwortung übernehmen. Begriffe wie „Transparenz“, „Schutz“ und „Verantwortung“ dominierten die Debatte. Der DSA wurde als Bollwerk gegen Chaos, Hass und Kriminalität im Netz verkauft.
Die Grundidee war nachvollziehbar: Plattformen sollten nicht länger unkontrolliert agieren dürfen. Algorithmen, die Inhalte empfehlen, sollten offengelegt werden. Nutzer sollten besser geschützt werden, insbesondere Minderjährige. Wer könnte dagegen ernsthaft etwas einwenden? Doch schon damals war klar: ein Gesetz, das so tief in die digitale Kommunikation eingreift, birgt Gefahren.
Anspruch und Wirklichkeit
Die entscheidende Frage wurde kaum gestellt: Wer entscheidet, was „illegal“ oder „gefährlich“ ist? Ist es eine unabhängige Instanz, eine Behörde oder am Ende die Politik selbst? Hier beginnt die Grauzone, in der Schutz schnell zur Zensur wird. Denn was heute als „legal“ gilt, kann morgen schon eine unliebsame Meinung sein.
Ironischerweise hat ein Gesetz, das Transparenz schaffen sollte, selbst intransparenteste Strukturen hervorgebracht. Hinter verschlossenen Türen wird entschieden, welche Inhalte sichtbar bleiben und welche verschwinden. Der Nutzer erfährt davon oft nichts. Sein Feed wirkt „sauberer“, aber auch ärmer an Vielfalt.
Der ursprüngliche Schutzgedanke ist längst zur politischen Waffe geworden. Unter dem Deckmantel der Sicherheit wird reguliert, gefiltert und gelöscht. Der DSA zeigt exemplarisch, wie schnell ein Gesetz, das mit guten Absichten beginnt, in eine Richtung abdriftet, die mit Freiheit nichts mehr zu tun hat.
Die schleichende Erweiterung
Offiziell geht es bei den Erweiterungen des DSA um „Desinformation“ und „gesellschaftliche Sicherheit“. In Wahrheit geht es um Kontrolle. Kritiker warnten früh: Der DSA wird nicht bei der Bekämpfung von eindeutig illegalen Inhalten stehenbleiben. Er wird ausgeweitet, Schritt für Schritt, bis er ein Instrument der Zensur ist. Genau das ist eingetreten.
Heute reicht es, wenn Inhalte „potenziell schädlich“ sind, um ins Visier zu geraten. Doch wer definiert das? Eine Regierung, die Kritik nicht erträgt? Eine Behörde, die politische Ruhe will? Oder Konzerne, die ihre eigenen Interessen schützen?
Die Erweiterungen des DSA haben eine Atmosphäre der Unsicherheit geschaffen. Journalisten, Künstler, Aktivisten – alle wissen, dass ihre Inhalte jederzeit verschwinden können. Nicht, weil sie gegen Gesetze verstoßen, sondern weil sie „problematisch“ sind.
Das ist keine offene Zensur, sondern eine schleichende Entmündigung. Man nennt es „Content Moderation“, „Community Standards“ oder „Verantwortung“. Doch am Ende bedeutet es: Die Bürger dürfen nicht mehr selbst entscheiden, was sie lesen, sehen oder hören wollen.
Die Erweiterung des DSA ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Sie ist ein Angriff auf die Demokratie selbst. Denn eine Demokratie lebt von der Vielfalt der Stimmen, auch von den unbequemen, den provokanten, den radikalen. Wer diese Stimmen zum Schweigen bringt, zerstört die Grundlage des politischen Diskurses.
Schweigen gegen Geld – die Rolle der Konzerne
Die großen Technologieunternehmen hätten ihre Macht nutzen können, um für Freiheit einzutreten. Stattdessen haben sie geschwiegen. Warum? Weil es sich lohnt. Fördergelder, Marktanteile, politische Nähe – das Schweigen wird bezahlt.
Man hätte erwarten können, dass Konzerne wie Microsoft, Google oder Meta Widerstand leisten. Dass sie sagen: Wir machen nicht mit, wenn Gesetze die Meinungsfreiheit beschneiden. Doch das Gegenteil ist geschehen. Sie haben sich angepasst, sie haben kooperiert, sie haben geschwiegen.
Die Anpassung der Unternehmen ist ein Verrat an den Nutzern. Denn diese Konzerne haben ihre Macht nicht durch Regierungen erlangt, sondern durch die Menschen, die ihre Dienste nutzen. Sie hätten die Pflicht gehabt, diese Menschen zu schützen. Stattdessen haben sie sie verkauft.
Das Schweigen der Konzerne ist lauter als jede Kritik. Es zeigt, dass es ihnen nicht um Freiheit geht, sondern um Profit. Und es zeigt, dass sie längst Teil des politischen Apparats geworden sind, den sie angeblich nur bedienen.
Rechtliche Wege – der lange Marsch durch die Institutionen
Bleibt die Frage: Was tun? Gibt es überhaupt noch Möglichkeiten, sich gegen den DSA und seine Erweiterungen zu wehren?
Ja, es gibt sie. Der Europäische Gerichtshof könnte prüfen, ob der DSA mit den Grundrechten vereinbar ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte könnte angerufen werden, wenn die Meinungsfreiheit verletzt wird. Auch internationale Gremien wie der UN-Menschenrechtsrat könnten das Thema aufgreifen.
Doch seien wir ehrlich: Diese Wege sind lang, teuer und kompliziert. Sie sind für Einzelpersonen kaum zu beschreiten. Sie erfordern Ressourcen, die nur große Organisationen haben.
Das bedeutet aber nicht, dass man aufgeben sollte. Im Gegenteil: Es bedeutet, dass der Kampf um die Freiheit nicht allein juristisch geführt werden kann. Er muss politisch geführt werden, gesellschaftlich, kulturell. Jeder Artikel, jedes Video, jedes Bild, das die Wahrheit ausspricht, ist ein Schritt in diesem Kampf.
Die rechtlichen Wege sind wichtig, aber sie sind nicht genug. Am Ende entscheidet die Öffentlichkeit. Wenn die Menschen erkennen, dass der DSA nicht ihr Schutzschild, sondern ihre Fessel ist, dann wird der Druck wachsen. Und dann wird auch die Politik reagieren müssen.
Schlussfolgerung
Der Digital Services Act begann als Schutzgesetz, doch er hat sich zu einem Instrument der Kontrolle entwickelt. Seine Erweiterungen beschneiden die Meinungsfreiheit, seine Umsetzung wird von Konzernen aus Profitinteresse mitgetragen, und seine rechtliche Anfechtung ist ein mühsamer Weg.
Doch die Geschichte zeigt: Freiheit wird nicht geschenkt, sie muss erkämpft werden. Der DSA ist ein Prüfstein für die europäische Demokratie. Ob er als Schutzschild oder als Zensurmaschine in die Geschichte eingeht, hängt davon ab, ob die Gesellschaft bereit ist, Widerstand zu leisten.
DSA
DIGITAL SERVICES ACT – ERWEITERUNG
01 Ursprüngliches Ziel Der Digital Services Act wurde eingeführt, um ein sicheres digitales Umfeld zu schaffen. Er sollte die Transparenz von Algorithmen verbessern, den Schutz vor illegalen Inhalten im Internet gewährleisten und die Verantwortung großer Plattformen klarer regeln.
02 Erweiterung als Zensur-Instrument Kritiker argumentieren, dass die späteren Ergänzungen zunehmend als Mittel zur Zensur genutzt werden. Durch neue Regelungen werden abweichende Meinungen eingeschränkt, Inhalte gefiltert und die Meinungsfreiheit spürbar beschnitten.
03 Anpassung der Unternehmen Große Technologieunternehmen akzeptieren staatliche Fördergelder und halten sich im Gegenzug an umstrittene Vorgaben. Anstatt Widerstand zu leisten oder Kritik zu äußern, passen sie sich den politischen Rahmenbedingungen an und sichern sich dadurch finanzielle Vorteile.
04 Rechtliche Wege Mögliche Anfechtungen gegen die problematischen Erweiterungen des Digital Services Act könnten über den Europäischen Gerichtshof oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfolgen. Auch internationale Gremien wie der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen könnten als Plattform dienen, um die Einschränkungen der Meinungsfreiheit öffentlich zu thematisieren.