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Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 markiert einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte. Er führte nicht nur zur Gründung des Deutschen Reiches, sondern legte auch den Grundstein für langanhaltende Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich, die bis in den Ersten Weltkrieg hineinwirkten. Dieser Konflikt, der oft als „der letzte Kabinettkrieg“ bezeichnet wird, da er von Diplomaten und Politikern inszeniert wurde, endete mit einem entscheidenden Sieg der preußisch-deutschen Truppen und dem Sturz des französischen Kaisers Napoleon III. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Ursachen, den Verlauf und die weitreichenden Folgen dieses Krieges, basierend auf historischen Quellen und Analysen.

Die Ursachen: Machtkämpfe und nationale Ambitionen

Die Wurzeln des Deutsch-Französischen Krieges reichen in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Nach dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866, in dem Preußen unter Führung von Ministerpräsident Otto von Bismarck Österreich besiegt und den Norddeutschen Bund gegründet hatte, wuchs die Macht Preußens in Deutschland rasant. Frankreich, unter Kaiser Napoleon III., sah darin eine Bedrohung für seine hegemoniale Stellung in Europa. Napoleon III. fürchtete, dass ein vereintes Deutschland die Balance der Mächte stören würde und Frankreich isolieren könnte. Historiker betonen, dass Frankreichs außenpolitische Misserfolge, wie der gescheiterte Versuch, in Mexiko eine Kolonie zu etablieren, den Kaiser unter inneren Druck setzten und ihn zu aggressiveren Schritten drängten.

Bismarck hingegen verfolgte das Ziel, die deutschen Staaten unter preußischer Führung zu einen. Er wusste, dass ein Krieg gegen Frankreich die süddeutschen Staaten – Bayern, Baden, Württemberg und Hessen – enger an Preußen binden würde, da sie durch Verträge zur gegenseitigen Unterstützung verpflichtet waren. Die französische Regierung forderte Kompensationen für Preußens Expansion, etwa in Form von Territorien wie Luxemburg oder dem Saarland, was Bismarck jedoch ablehnte. Diese Spannungen eskalierten, als Frankreich versuchte, einen Keil zwischen Preußen und Österreich zu treiben, doch der schnelle Sieg Preußens 1866 vereitelte diese Pläne.

Die wesentliche Ursache lag in der Gleichartigkeit der Motive beider Seiten: Beide Nationen strebten nach nationaler Stärkung und hegemonialer Dominanz. Frankreich wollte seine Großmachtstellung bewahren, während Preußen die deutsche Einheit forcierte. Wirtschaftliche Faktoren spielten ebenfalls eine Rolle; die Industrialisierung in Preußen hatte zu einer militärischen Überlegenheit geführt, mit besserer Eisenbahnlogistik und moderner Artillerie.

Der Auslöser: Die Hohenzollern-Kandidatur und die Ems-Depesche

Der unmittelbare Anlass für den Krieg war der Streit um die spanische Thronfolge. Nach der Absetzung der spanischen Königin Isabella II. im Jahr 1868 wurde Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, ein Verwandter des preußischen Königs Wilhelm I., als Kandidat für den spanischen Thron vorgeschlagen. Frankreich sah darin eine Einkreisung, da es nun von Hohenzollern-Herrschern in Preußen und Spanien umgeben wäre. Napoleon III. protestierte energisch und forderte von Wilhelm I. eine Garantie, dass Leopold verzichte und keine weitere Kandidatur gestellt werde.

Am 13. Juli 1870 traf sich Wilhelm I. in Bad Ems mit dem französischen Botschafter Benedetti. Wilhelm telegrafierte Bismarck eine Zusammenfassung des Gesprächs, in dem er höflich ablehnte. Bismarck kürzte und verschärfte diese „Ems-Depesche“ geschickt, um sie wie eine Demütigung Frankreichs wirken zu lassen. Die veröffentlichte Version löste in Frankreich Empörung aus und führte am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen. Dieser diplomatische Schachzug Bismarcks wird oft als Meisterwerk der Provokation gesehen, da er Frankreich als Aggressor dastehen ließ und die deutsche öffentliche Meinung mobilisierte.

Der Verlauf des Krieges: Von der Mobilmachung bis zur Belagerung von Paris

Der Krieg begann mit der französischen Offensive, doch die preußischen Truppen unter General Helmuth von Moltke waren besser vorbereitet. Frankreichs Armee litt unter mangelnder Organisation und veralteter Ausrüstung, während Preußen auf eine effiziente Eisenbahnlogistik und die moderne Dreyse-Nadelgewehre setzen konnte. Die süddeutschen Staaten schlossen sich Preußen an, was den Norddeutschen Bund zu einer Allianz der deutschen Staaten machte.

In den ersten Wochen erlitten die Franzosen schwere Niederlagen. Bei Weissenburg (4. August 1870) und Wörth (6. August) wurden französische Truppen zurückgedrängt. Die entscheidende Schlacht fand am 1. September bei Sedan statt, wo die französische Armee unter Marschall Mac-Mahon umzingelt wurde. Napoleon III. ergab sich persönlich und geriet in Gefangenschaft. Diese Niederlage führte zum Sturz des Zweiten Kaiserreichs; am 4. September 1870 proklamierte die Republik in Paris.

Trotz des Falls des Kaisers setzte die neue republikanische Regierung unter Léon Gambetta den Krieg fort. Die preußischen Truppen belagerten Paris ab dem 19. September 1870. Die Belagerung dauerte über vier Monate und führte zu extremen Härten für die Bevölkerung: Hunger, Krankheiten und Bombardements. Versuche, die Belagerung zu durchbrechen, wie der Ausfall bei Champigny, scheiterten. In der Provinz bildeten sich Partisanengruppen (Francs-tireurs), die Guerilla-Kriegführung betrieben, was zu Repressalien der Preußen führte.

Während der Belagerung wurde am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses das Deutsche Reich proklamiert, mit Wilhelm I. als Kaiser. Dies war ein symbolischer Akt der Demütigung für Frankreich. Der Krieg endete mit der Kapitulation von Paris am 28. Januar 1871.

Die Folgen: Der Frieden von Frankfurt und langfristige Auswirkungen

Der Friedensvertrag von Frankfurt am 10. Mai 1871 diktierte harte Bedingungen: Frankreich musste Elsass-Lothringen an Deutschland abtreten und fünf Milliarden Goldfranken Reparationen zahlen. Diese Zahlungen finanzierten den deutschen Aufschwung, während Frankreich wirtschaftlich geschwächt wurde. Die Annexion von Elsass-Lothringen schürte Revanchismus in Frankreich und wurde zu einem zentralen Konfliktpunkt für zukünftige Kriege.

Der Krieg hatte weitreichende Konsequenzen. In Deutschland führte er zur nationalen Einheit und zur Etablierung eines starken Kaiserreichs, das Europa dominierte. Bismarck schuf ein System von Allianzen, um Frankreich zu isolieren. In Frankreich führte die Niederlage zur Dritten Republik, doch innere Unruhen kulminierten in der Pariser Kommune, einem sozialistischen Aufstand, der blutig niedergeschlagen wurde.

Militärisch war der Krieg ein Meilenstein: Er demonstrierte die Überlegenheit moderner Strategien und Technologien, wie Eisenbahnen für Truppentransporte und Artillerie. Historiker sehen ihn als „erste militärische Konfrontation der Moderne“, die den Weg für die Massenkriege des 20. Jahrhunderts ebnete. Die Verluste beliefen sich auf etwa 150.000 Tote auf französischer und 50.000 auf deutscher Seite, inklusive Zivilopfer.

Langfristig vergiftete der Krieg die deutsch-französischen Beziehungen. Der Verlust Elsass-Lothringens nährte französischen Nationalismus und trug zur Allianz mit Russland bei, was die Bühne für den Ersten Weltkrieg bereitete. Heute wird der Krieg als Mahnung für die Gefahren nationalistischer Politik gesehen, und die Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich nach 1945 steht als Kontrast dazu.

Insgesamt war der Deutsch-Französische Krieg ein Katalysator für die Neugestaltung Europas. Er zeigt, wie diplomatische Manöver und nationale Ambitionen zu verheerenden Konflikten führen können. Mit seinen Folgen prägt er bis heute das Verständnis von Einheit und Rivalität in Europa.

Quellen:
Telepolis
Geschichte-Abitur
hdbg
Lernhelfer
Planet Wissen

JTB

Von JTB

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